Wilhelm Zwos Verhältnis zu England und die deutsch-amerikanische Segler-Freundschaft

Die verkorkste Beziehung von Kaiser Wilhelm zu seinen englischen Verwandten dürfte zusammen mit allerlei anderen Einflüssen ein Impuls für die Entstehung der deutsch-amerikanischen Freundschaft gewesen sein.
Auf amerikanischer Seite sah man in der Förderung der Sonderklasse eine Alternative zu den immens teuren Yachten, die die Verteidigung des America´s Cup forderte. Dieses u.a., und vielleicht auch ein gewisser exotischer Reiz, den so ein Kaiser mitsamt Adel und dazugehörigem Brimborium auf die neue Welt ausüben kann, führte zur Initiierung der abwechselnd in Kiel und Marblehead stattfindenden Sonderklasserennen.
Am besten hat Kristin Lammerting in "Meteor - Die kaiserlichen Segelyachten" die deutsch-englischen familiären und politischen Beziehungen beleuchtet; und Klaus Kramer befasst sich in "Segeln für den Kaiser-Die internationale Sonderklasse" kenntnisreich und ausführlich mit den deutsch-amerikanischen Beziehungen und Sonderklassen. Deshalb sollen an dieser Stelle nur einige Ergänzungen gebracht werden.

Deutschland und England: die internationalen Segler-Wettkämpfe in den USA
Als 1851 die amerikanische Yacht Amerika des erst seit 1844 bestehenden New York Yacht Club den Engländern auf Anhieb den "100-Guinea-Cup" (das ist heute der "America´s Cup") bei den Regatten der altehrwürdigen Royal Yacht Squadron im Golf von Solent abjagt, wird die Siegesgewissheit der britischen Yachtsportsmen schwer erschüttert. America´s Cup klick hier

Während in England das sportliche Segeln schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts kultiviert wird und durch den Verlust der Silberkanne an die Amerikaner sportlicher Ehrgeiz und Nationalstolz erst recht angeheizt werden, was zu atemberaubend eleganten und schnellen Yachten f ührte, werden in Preussen Segelschiffe lediglich als Arbeitsgeräte benutzt, die gelegentlich auch mal zum Spass gegeneinander regattierten. Erst Mitte der achtziger Jahre beginnt sich der Segelsport im Kaiserreich zu entwickeln. Mit der Thronbesteigung von Wilhelm II als Kaiser von Deutschland und König von Preussen (1888) hat sich das durch seine verwandschaftlichen Beziehungen zu England geändert - seine Mutter, die älteste Tochter der englischen Königin Victoria, ist Princess Auguste Victoria. Deren beider Faible für die Marine hat sich auch auf Wilhelm II übertragen und ihn sein Leben lang beinflusst. Angespornt von der militärischen und sportlichen Überlegenheit der Briten, hegt Wilhelm II für Preussen maritime Ambitionen. Regelmässig besucht er die Regatten in Cowes. Dort liebäugelt er mit der eleganten America`s Cup Kämpferin Thistle, einem von G. L. Watson konstruierten Rennkutter. Er kauft sie 1891, nennt sie Meteor I und nimmt mit ihr erfolgreich an der Kieler Woche und der Cowes Week teil. Die nächste Meteor (1896) ist ein Neubau, ebenfallls von Watson

Die Meteor III lässt der Kaiser in Amerika bauen. Zur Schiffstaufe und zur Verbesserung der amerikanisch-deutschen Beziehungen wurde Prinz Heinrich nach New York delegiert.
Aus Wilhelms anfänglicher Bewunderung für das yachtsportliche Renommee und die Imposanz der britischen Marine entwickeln sich schliesslich Neid und Rivalität bis hin zur Feindschaft.
Mit der Kieler Woche wollte Wilhelm den Briten Paroli bieten und mit der Sonderklasse wollte er in sportlichen Wettkämpfen seine englischen Verwandten herausfordern. Die Ambitionen waren aber trotz wertvollster Preise überwiegend einseitig.

Beginn der deutsch-amerikanischen Segler-Freundschaft


so war es einmal: "good friendship between America + Germany"

Prinz Heinrichs Besuch in Amerika war der Beginn einer deutsch-amerikanischen Seglerfreundschaft. Daraus entstand die Idee, Rennen mit "kleinen, nicht zu teuren Booten, die ausschließlich von Amateuren gesegelt werden durften", abwechselnd in Kiel und in Marblehead vom Eastern Yacht Club (Boston) zu veranstalten. Der Kaiser hatte zunächst grosse Bedenken wegen der Finanzierbarkeit der Boote, schliesslich liess er sich aber doch noch überzeugen und so konnten nach dem Aushandeln des Reglements (Graphik Yacht)

die ersten Sonderklasse-Wettfahrten 1906 in Marblehead
Als Preis lockte der vom amerikanischen Präsidänten gestiftete Roosevelt-Pokal (Pokal in Farbe)Für Amerika gingen die Sonderklassen Auk, Caramba und Vim an den Start, aus Deutschland wurden Tilly VI -die Gewinnerin des Samoa-Pokals- Glückauf IV und Peterhans, der noch schnell in Wannsee umgetauft wurde, über den grossen Teich verfrachtet. Die deutschen Sonderklassen können sich gegen die Amerikaner nicht behaupten. Sieger nach fünf Regatten war die Sonderklasse Auk, gefolgt von Vim, Wannsee, Caramba, Glückauf und Tilly. Nach den Regatten jagte eine Party die nächste, nur unterbrochen von Fahrten mit Automobilen, Eisenbahnen und Dampfyachten.Diese amerikanisch-deutschen Sonderklasserennen werden den Zeitschriften Yacht und Wassersport, im Jahrbuch des KYC und des NRV (Die Reise der Tilly und den Büchern von Protzen lebendig geschildert.


Das Rooseveltpokal für die amerikanische Sonderklasseyacht VIM


Die Wettkämpfe in Kiel 1907 um den Kaiser Wilhelm Pokal
Diese amerikanisch-deutschen Sonderklasserennen finden grosse Beachtung in den Zeitschriften Yacht und Wassersport. Im Jahrbuch des KYC von 1908 werden sie minutiös beschrieben., und in der Tagespresse wird der Besuch der amerikanischen Segelfreunde als gesellschaftliches Ereignis ausgeschlachtet.

Roosevelt and the Kaiser

Willi und Teddy oder the Krauts gegen die Yankees


Nach einem Abstecher zur Cowes Week läuft Ende Juli 1907 der deutsche Dampfer Sylvia mit den amerikanischen Sonderklassen Spokane, Marblehead und Chewink an Bord in Kiel ein. Die amerikanischen Gäste werden mit allen militärischen Ehren empfangen.

Die Teilnehmer der Rennen um den Kaiser Wilhelm-Pokal in Kiel 1907

Nach den Trimmfahrten wurden alle Yachten nochmal gründlich vermessen.
KYC Jb. S.261 Nach fünf harten Regattatagen vom 12. bis 18. August behaupteten sich die drei deutschen Yachten als Sieger mit der Wannsee an der Spitze. Die amerikanischen Sonderklassen waren aufgrund ihrer Bauweise den Anforderungen der Ostsee diesmal nicht gewachsen und schieden vorzeitig aus den Rennen aus. Den Endkampf bestritten Wannsee, Wittelsbach und Tilly. Die Wannsee gewinnt den Kaiserpreis. Er ist noch heute im VSaW zu bewundern.


Das Gemälde von Hans Bohrdt zeigt eine Szene in der 4. Wettfahrt bei über 6 Windstärken. Die Wannsee (5) vor Marblehead (1) und Wittelsbach II (6).
Den sportlichen Wettkämpfen folgten rauschende Festlichkeiten und "vielerlei private Veranstaltungen sowohl in Kiel als auch später an anderen Orten, welche unsere Freunde besuchten...Eine Tour durch das östliche Holstein per Automobil unter der persönlichen Führung Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Heinrich brachte einen Teil unserer Gäste nach Lübeck, während ein anderer Teil mit der Dampfyacht "Golden Eagle" ebendahin abfuhr." In Hamburg folgte eine Rundfahrt durch den Hafen auf dem Dampfer "Willkommen" der Hamburg-Amerika Linie, sowie Diners, ein Feuerwerk und ein Lampionkorso bei strömenden Regen. In Berlin gab es Diners, sowie Fahrten auf Havel,Spree und Dahme, und ausserdem noch eine Flaggengala, angeführt von der Sonderklasse "Angela " des Kronprinzen. Damit nicht genug: "von der besonderen Auszeichnung einer persönlichen Begrüßung der fremden Gäste durch die Kronprinzlichen Herrschaften wurden die Amerikaner höchlichst überrascht und sie waren von der zwanglos herzlichen Form des Empfanges geradezu entzückt". Auch das gemeine Volk liess sich nicht lumpen und feierte die amerikanischen Gäste mit viel Hurra und Flaggenschmuck. In Hannover sollte die Triumpftour ihren Höhepunkt finden: hier nämlich, - aber erst nach Absolvieren der Parade und vor dem Paradediner - "in einem schön mit Blumen geschmückten Saal, überreichte "unser Allerhöchster Herr" Se. Majestät der Kaiser den Siegern die Preise, einen jeden mit Handschlag und freundlichem Wort erfreuend". Noch in derselben Nacht reisen die Amerikaner weiter zur nächsten Regatta nach Bilbao in Spanien, wo sie eine weitere Serie von Niederlagen kassieren. (Die Zitatae stammen aus dem Jahrbuch des KYC von 1908. Dort sind auch einige der zahlreichen Ansprachen in deutsch und englisch in vollem Umfang dokumentiert. Interessant wäre sicherlich auch ,die Resonanz in Amerika zu betrachten, es fehlt mir leider der Zugang.

Marblehead 1909 - der Kampf um den "Taft Pokal"

Aus Deutschland werden die drei im Bau ähnlichen Yachten Hevella, Margarethe und Seehund (alle von Max Oertz gezeichnet und gebaut) nach Amerika geschickt. Nach den Rennen um den Samoa-Pokal waren sie von den Seglern vorgeschlagen worden. Ursprünglich war Wittelsbach V, ein für Herrn Alt bei Engelbrecht in Zeuthen gebauter gemäßigter Prahmtyp vorgesehen. Herr Alt konnte aus beruflichen Gründen nicht teilnehmen, stellte aber seine Yacht unentgeltlich für Amerika zur Verfügung. Sein Angebot wurde abgelehnt, weil man nicht mit einem ungewohnten Schiff und fremder Mannschaft antreten wollte. Für Wittelsbach V sprang dann Margarethe ein.

Die Auswahl der amerikanischen Yachten Joyette, Ellen und Wolf ergab sich dagegen aus fünf Qualifizierungswettfahrten (Tabelle der amerikanischen Sonderklassen)

Tabelle der amerikanischen Sonderklassen für 1909


jojette von 1909

Joyette, die Taft-Cup gewinnerin, Photo Jackson

hier ein Link zu einem Bild von Ellen -Konstrukteur Boardman 1906, nach einigen Veränderungen 1909 sehr erfogreich (2. Platz in den Regatten)

Hevella von Oertz von 1909 Eigner Protzen

the German Sonderboat Hevella, designed by Max Oertz 1909. She one first placen in a singular race - the only first place in the American waters

seehund 1909

Seehund II, im Hintergrund Magarethe beides Entwürfe von Max Oertz, 1908 welldoing in the rough German sea, but not in Marblehead. Photo w. Jackson

magarethe

Magarethe Entwurf von Max Oertz 1909

aukriss von 1906

Start beim Taft Cup 1909, Photo W. Jackson

seehund 2 von 1909
Ein Werk vom Marinemaler Prof. Willy Stöwer, Seehund vor Ellen in Marblehead.
  mehr über die Staatyacht Mayflower später


taftpokalDie Präsidentenyacht MAYFLOWER

On bord of the Yacht Mayflower President Taft is giving the cup to the winner of the races, the Joyette.

Der Hevella gelang es, von sämtlichen Wettfahrten eine zu gewinnen. Das war der zweite und letzte Sieg einer deutschen Sonderklasse in Amerika.

4. Wettkampf in Kiel 1911


1911 waren wieder deutsch-amerikanische Sonderklassen-Wettkämpfe während der Kieler Woche vorgesehen. Aus Amerika waren am Start: Cima, Bibelot, ein Herreshof-Bau, und Beaver, alle drei vom Boston Yacht-Club. Schon bei den Trimmwettfahrten zeigte sich ihre starke Überlegenheit. Auf deutscher Seite wurden in Auswahlrennen ausgesucht: die Tilly, ein Hacht-Bau Eigner Krogmann vom NRV, der Seehund III, eine Jaekel-Konstuktion mit dem Eigner Otto Berghoff und eine neue Wannsee des VSaW, eine Oertz-Konstruktion, mit Otto Protzen am Ruder. Die Amerikaner schlugen die Deutschen vernichtend. In der ersten, zweiten und vierten Regatta belegten sie jeweils die ersten drei Plätze, in der dritten die ersten beiden Plätze, sodass sie das fünfte Rennen unter sich austragen konnten. Die Bibelot gewann den Kaiser-Wilhelm-Preis.




Nathanael Herreshoff der Zauberer aus Bristol Die Bibelot wurde vom Kaiserlichen Yacht Club mit Unterstützung des Kaisers gekauft. Nach ihrem Vorbild entstand eine Serie von Sonderklassen. Sie hat noch viele Jahre dem Kieler Yacht-Club gute Dienste in der Ausbildung des seglerischen Nachwuchses getan. Erst 1998 wird sie nach harter Grundberührung verschrottet.
Von der Bibelot inspiriert, baute Naglo direkt nach der Kieler Woche die Yavena. Als Resi V gewann sie 1913 den Samoapokal und schrieb dann zuletzt als Amalfi in Österreich Segelgeschichte. Sie verendete in den 60iger Jahren als Schulschiff auf dem Wörthersee.
Die Cima segelt noch am Wolfgangsee.


1913 5.Wettkampf in Marblehead um den "Wilson Cup"


Die deutschen Sonderklassensegler kamen mit zahlreichen Neubauten heraus. So Yavena, Naglo von der Bibelot inspiriert, baute die Yavena als Resi V gewann sie den Samoapokal und schrieb dann zuletzt als Amalfi in Österreich Segelgeschichte. Doch die zwei Jahre alte RESI kreuzte in Kiel alles aus und gewann den Samoa-Pokal. Trotzdem wurde sie für Marblehead nicht ausgewählt. Das deutsche Komitee bestimmte die Yachten ANGELA VI des Kronprinzen unter Führung von Weitzmann, die Serum unter Tietgens (Hamburg) und die Wittelsbach X, die der Berliner Konstrukteur Drewitz steuerte. 1913 fand der nächste Länderkampf in den Staaten statt.Wie befürchtet, gewannen die Amerikaner diesen Länderkampf.Sie stellten in den ersten vier Wettfahrten viermal jeweils die drei Sieger. Die beste amerikanische Yacht war die „Ellen III“ von Curtis, ein Burgess-Bau. Burgess war wie Max Oertz ein Pionier im Bau von Wasserflugzeugen. Die Wanten und Stage der Ellen waren aus dünnem Flugzeugdraht hergestellt.
Der Präsidenten-Cup wurde diesmal in Washington verliehen. Die Einladung aus dem Weissen Haus lautete: .."on Thursday, September the 11th. at 12.30 a.m. the presentation of the President's Cup and a buffet luncheon immedeately thereafter". Die Übergabe durch den Präsidenten Wilson fand im Garten des Weissen Hauses statt .... etc 
  Text2 

6. Wettkampf in Kiel, geplant für 1915

Nach Kriegsbeginn finden in Amerika noch Auswahlrennen statt. Zum ersten Mal sitzt eine Frau am Ruder der Amic (die Cima von 1913).

In Deutschland war man zu Kriegsbeginn davon überzeugt, dass der Krieg schon allein aus Kostengründen kurz sein würde. Leider eine falsche Prognose. Der Wettkampf wird abgesagt. Nach der Versenkung der Lusetania durch ein deutsches U-Boot tritt Amerika in den Weltkrieg ein. Nach Kriegsende setzt sich Präsident Wilson für eine besonnene Politik gegenüber den Verlierern ein, 1920 wird ihm der Friedensnobelpreis für 1919 verliehen.
Unter dem Präsidenten Hoover ist dann sogar 1929 wieder ein deusch amerikanischer Segelwettkampf möglich. Die Ära der Sonderklasse ist aber mit Ende des Kaiserreiches in Deutschland beendet. Die 30 Schäre löst die Sonderklasse als Bootstyp für den Wettkampf ab.
1930 finden die Regatten wieder in Kiel statt. Beidesmal gewinnen die deutschen Schiffe. Alle Herzen gewinnt die blutjunge Miss Elisabeth Hovey am Ruder der ORIOLE. Das dürfte dem Kaiser im Doorner Exil ein Dorn in Auge gewessen sein.